übernommen von   https://scilogs.spektrum.de/uhura-uraniae/astronomie/   am 12. 04. 2023

einem Beitrag von   Susanne M. Hoffmann

 

Astronomie

»Was verstehen wir unter diesem Begriff?«

Astronomie ist ein Oberbegriff für verschiedene Wissenschaften, die sich mit dem Verhalten und der Natur der Himmelsphänomene beschäftigen:

  1. Astrophysik (die Wissenschaft vom Verständnis der Natur der Himmelskörper): gliedert sich in die zwei Hauptbereiche und viele Unterformen durch Liaison mit anderen Naturwissenschaften:
    1. die Theoretische Astrophysik: Simulationsrechnungen, teilw. auf Supercomputern und Anwendung von Theoretischer Physik wie Quantenphysik, Relativitätstheorie, Thermodynamik, Hydrodynamik & Magnetohydrodynamik … auf Fragen der Astronomie, d.h. die Dynamik, das Verhalten bzw. Aussehen von Himmelskörpern
    2. veraltende Beobachtende Astronomie: Arbeit am Teleskop wird heute nicht mehr von Astronomen gemacht, da geht es allein um Vorbereitung und Planung von Beobachtungen mit Blick auf konkrete Fragen der Astronomie: siehe oben.
    3. die beiden Richtungen wechselwirken natürlich stark und verschmelzen in den letzten Dekaden zunehmend, d.h. Beobachtungen werden nach Simulationsergebnissen geplant
    4. neuere Entdeckungen und Methoden führen zu Mischformen mit anderen Naturwissenschaften, insbes. mit Blick auf die Erforschung von Exoplaneten und der Planeten des Sonnensystems ergeben sich durch Anwendung von Methoden der Biologie, Chemie und Geowissenschaften auf Himmelskörper:
      1. Gesteinsproben von Raumsonden werden inzwischen eher von Geowissenschaften analysiert als von Astronomen im klassischen Sinn.
      2. Astrobiologie wird interessant bei der Suche nach Leben jenseits der Erde.
      3. Astrochemie stellt z.B. im Chemie-Labor die Bedingungen her für die Entstehung von Entstehung von Gesteinsplaneten oder die Entstehung von Leben (organischem Material) auf jungen Planeten.
      4. Erforschung der Hochatmosphäre der Erde (Leuchtende Nachtwolken, Sternschnuppen…) wird inzwischen nicht mehr als Teil der Astronomie verstanden. Das war aber ca. bis zum Raumfahrtzeitalter (etwa 1960er Jahre) anders. Mit Blick auf die Erforschung der Atmosphären von Exoplaneten kann man heute über die Zuordnung streiten.
  2. Astro-Informatik: ein recht neuer Begriff, da astronomische Beobachtungen seit ca 20 Jahren kaum noch von Wissenschaftlern durchgeführt werden, sondern entweder von Robotern im All oder Technikern auf der Erde und die moderne Forschung daher am Computer geschieht. Hier wird versucht, moderne Methoden der Informatik wie Machine Learning/ Künstliche Intelligenz in der Astronomie urbar zu machen.
  3. Astrometrie (Vermessung von Positionen und Helligkeiten/ Lichtwechseln von Gestirnen).
  4. historischer Astronomie und Geschichte der Astronomie
    1. hist. As. widmet sich der Erforschung von historischen astronomischen Methoden und Daten, insbes. vor Erfindung der Astrophysik um 1850 CE: es werden historische Daten analysiert und historische Beobachtungsmethoden nachgestellt
    2. Geschichte macht aus den Ergebnissen ein Narrativ (z.B. für Museen oder Bücher), ist die Überblicksperspektive über verschiedene Epochen und Kulturen.
    3. Die Kombination von hist.As. mit modernen Daten ist dann “Angewandte historische Astronomie”.
  5. Kulturastronomie. Oberbegriff für
    1. Ethnoastronomie
    2. Archäoastronomie
    3. religiöse Astronomie (e.g. astronomy in biblical studies, islamic astronomy, die Studien von chines. Gaststernen als Omina bzw. ihre religiösen Hintergründe…)

Ich hoffe, ich bin mit dieser Aufzählung halbwegs vollständig. Wenn nicht, werde ich vllt etwas nachtragen. Falls sich nun die Hobby-Astros beschweren, dass sie sich nicht wiederfinden: Man könnte diese genießerische Tätigkeit (deren Spektrum von Instrumentbau über Beobachtung mit freiem Auge und Kleinteleskopen = Instrumente bis 2 m Öffnung bis hin zu Datenauswertung von Satelliten und CitizenScience-Projekten reicht) unter viele der oben genannten Punkte bis hin zu Phänomenologischer Astronomie/ Naturkunde zusammenfassen.

Wie gesagt, nutzen die meisten Leute das Wort Kulturastronomie allein als Oberbegriff dafür. Da ich seit 1998 u.a. auch in Planetarien arbeite, umfasst dieser Begriff für mich aber insbesondere (auch) all diejenigen Themen, die wir in der Öffentlichkeit besprechen, d.h. Fragen des christlichen Kulturkreises “wieso feiert man Weihnachten am 25. Dez”, “was war der Stern von Bethlehem”, “woher kommt der Tierkreis”, “gab es eine Sonnenfinsternis zu Jesu Kreuzigung”, “wie wird der Ostertermin berechnet”… bzgl. Planetarium natürlich auch “was bedeuten die Sternbilder” und auf diesem Gebiet habe ich – das darf ich wohl in aller Bescheidenheit anmerken – mehr Tiefgang als die meisten Kolleg:innen in Planetarien, die “nur” römische Märchen erzählen. Ich gehe zu den griechischen Quellen der römischen Märchen, finde Diversität und verfolge die einzelnen Stränge zu ihren jeweiligen Quellen in Babylon, Assur, Sumer, Israel … vllt. auch mitunter Ägypten (aber das ist noch fraglich).

Anlass für diesen Post:
Ich blogge hier seit 2007. Am Anfang war dieses Medium ganz neu und wir alle suchten nach unserem Profil als Blogger und naturgemäß durchaus mit sehr verschiedenen persönlichen Motivationen für dieses Ehrenamt. Nach ca. einer Dekade habe ich nun einmal meine Blog-Beschreibung angepasst, denn binnen dieser Zeit habe ich mich (glücklicherweise) weiter entwickelt. War ich 2007 noch freiberuflich als Astronomin in Afrika tätig, bin ich inzwischen seit 2010 an verschiedenen Universitäten in Europa bzw. auf Akademischen Austauschprogrammen in Übersee tätig. Daraus ergeben sich naturgemäß verschiedene Perspektiven und mitunter ungewöhnliche Inhalte, die ich gern teile.

 

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