Palitzsch-Moritat

Im alten Pruhls da lebte einst ein Bauer.

Der war bekannt in der Gelehrtenwelt.

Der hat in seines Landmannslebens Dauer

nicht nur gar redlich stets sein Feld bestellt.

Er sorgte sich auch nicht nur um die Viecher,

die weideten im grünen Gamigtal.

Er liebte leidenschaftlich auch die Bücher.

Ja, hört, ein Bauer! Anno dazumal!

Bereits als Knabe galt sein Interesse

dem Sternenhimmel und was dieser trägt.

Das hat er sich, auf dass er’s nicht vergesse,

gar fest und wissbegierig eingeprägt.

Er gab den Sternenbildern eigne Namen

und rätselte, bis endlich ward ihm klar,

wie alle hießen und woher sie kamen

und welcher Stern der stolze Nordstern war.

Er lebte mitten kriegerischer Zeiten.

Auch Dresden sank in Asche. Aber er

durchforschte unbeirrt die Himmelsweiten

mit lupenscharfem Tubus kreuz und quer.

Und eines Abends, kalte Winde wehten,

Dezember war’s, der Weihnachtsfriede trog,

entdeckte er den Halleyschen Kometen,

der stolzen Schweifes hoch am Himmel zog.

Wie staunten die Gelehrten allerlanden.

Es war auch mancher neidisch und verschreckt.

Der Grund dafür, na klar und wohlverstanden:

Es war ein Bauer nur, der ihn entdeckt.

Manch einer gar misstraute dieser Kunde.

Ein Bauer sei nur dumm, wie’s schnöde hieß.

Doch kam auch Lob aus allerhöchstem Munde:

Sogar vom Seine-Ufer: aus Paris!

Doch glaubt nicht, hier schon sei mein Lied zu Ende.

Er führte auch zu nützlichem Gedeihn

auf seinem Feld im Elbetal-Gelände

als erster den Kartoffelanbau ein.

Er war’s auch, der des Daches hohen Reiter,

damit er schütze in Gewitternacht,

am Dresdner Schloß, den ersten Blitzableiter,

mit wissender Voraussicht angebracht.

Und so erstieg er ruhmvoll Spross‘ um Sprosse.

Und mancher Schmeichler nahte seinem Ohr.

Sogar der Kurfürst in der Staatskarosse

fuhr eines Tags auf seinem Hofe vor.

Doch er, wohl kennend aller Gnaden Bürde,

blieb immer treu dem eignen Naturell.

Er setzte standhaft Würde gegen Würde.

Ich denk, das ist auch heut noch aktuell.

Auch heut noch gibt er so in Wort und Werken

ein Beispiel für das ganze Sachsenland.

Versäumt nicht, seinen Namen euch zu merken.

„Sterngückler Palitzsch“ wurde er genannt.

Doch wartet nicht erst auf ein Jubiläum,

um ihn zu ehren. Setzt euch gleich in Trab

und stattet dort im Prohliser Museum

respektvoll eueren Besuch ihm ab.

Rudolf Scholz

Die Moritat übergab der Dresdener Schriftsteller Rudolf Scholz freundlicherweise uns, der Palitzsch-Gesellschaft e.V.

im Jahr 2006 zur freien Verfügung und 2018 für unsere Website.

Vielen herzlichen Dank dafür!

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